Im Rahmen des Versorgungsausgleichs werden Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert nicht ausgeglichen, § 18 Abs. 2 VersAusglG. Die Vorschrift soll verhindern, dass ein unverhältnismäßiger Verwaltungs- und Kostenaufwand entsteht. Weiter sollen dadurch Splitterversorgungen vermieden werden.

Der 1. Senat des OLG Saarbrücken hatte im April 2019 entschieden, dass von diesem Grundsatz abgewichen werden kann.

Danach ist auch ein geringfügiges Anrecht regelmäßig auszugleichen, wenn dies durch externe Teilung in die sog. Versorgungsausgleichskasse erfolgen soll. Nach Auffassung des Gerichts verursacht dies weder unverhältnismäßig hohe Kosten, noch führt es zu einer Splitterversorgung, da die Versorgungsausgleichskasse das Anrecht durch die Auszahlung einer Abfindung ausgleichen kann. Dies kann auch ohne Zustimmung der ausgleichsberechtigten Person erfolgen, § 5 Abs. 1 Satz 3 VersAusglKassG.

Das OLG führt dazu wie folgt aus:

Obwohl der Ausgleichswert geringfügig iSv § 18 II VersAusglG ist, hat vorliegend ein Ausgleich stattzufinden, denn Zweck dieser Regelung ist es, einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand bzw. die Entstehung von so genannten Splitterversorgungen zu vermeiden (BGH, NZFam 2016, 885 = FamRZ 2016, 1658). Beides ist hier nicht zu erwarten, da der Ausgleich im Wege der externen Teilung zu erfolgen hat, so dass ein nennenswerter Verwaltungsaufwand mit der Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht verbunden ist. Auch besteht die Gefahr einer Splitterversorgung nicht, weil, nachdem die Ast. ihr Wahlrecht nach § 15 VersAusglG nicht ausgeübt hat, gem. § 15 V 2 VersAusglG ein Anrecht bei der Versorgungsausgleichskasse zu begründen ist und diese die Möglichkeit hat, ohne Zustimmung der ausgleichsberechtigten Person gem. § 5 I 3 VersAusglKassG eine Abfindung zu leisten. Bei dieser Sachlage gewinnt unter den gegebenen Umständen der Halbteilungsgrundsatz entscheidendes Gewicht und es ist auch das geringfügige Anrecht auszugleichen (BGH, NZFam 2016, 885 = FamRZ 2016, 1658; vgl. auch OLG Saarbrücken, Beschl. v. 9.7.2012 – 6 UF 60/12, BeckRS 2012, 17597; Beschl. v. 14.11.2018 – 6 UF 109/18, BeckRS 2018, 48837; Borth, FamRZ 2016, 1660; Götsche, FamRB 2016, 383).“

(OLG Saarbrücken, Beschl. v. 2.4.2019 – 6 UF 9/19)

Die Vorschriften:

§ 5 Abs. 1 VersAusglKassG:

(1) Ein bei der Versorgungsausgleichskasse bestehendes Anrecht ist nicht übertragbar, nicht beleihbar und nicht veräußerbar. Es darf vorbehaltlich des Satzes 3 nicht vorzeitig verwertet werden. Die Versorgungsausgleichskasse kann ein Anrecht ohne Zustimmung der ausgleichsberechtigten Person bis zu der Wertgrenze in § 3 Absatz 2 Satz 1 des Betriebsrentengesetzes abfinden.

§ 18 Abs. 2 VersAusglG

(2) Einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert soll das Familiengericht nicht ausgleichen.

Fallgestaltung: Der Ehemann ist alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH. Zwischen der Gesellschaft und ihrem Geschäftsführer wird ein Pensionsvertrag abgeschlossen, der dem geschäftsführenden Gesellschafter eine betriebliche Altersversorgung in Höhe von € 2.000,00 monatlich ab Vollendung des 65. Lebensjahres gewährt. Zur Sicherung dieses Anspruches schließt die Gesellschaft eine Rückdeckungsversicherung bei einer Lebensversicherungsgesellschaft ab. Der geschäftsführende Gesellschafter lässt sich die Ansprüche gegen die LV-Gesellschaft verpfänden, um für den Fall der Insolvenz der Gesellschaft abgesichert zu sein. Nach Einleitung des Ehescheidungsverfahrens gerät die Gesellschaft in eine wirtschaftliche Krise, aus der die Gesellschaft nach Einschätzung des Geschäftsführers auf Druck der Banken nur gerettet werden kann, indem die Rückdeckungsversicherung teilweise beliehen wird. Die Beleihung der Rückdeckungsversicherung ist nur möglich, indem der Ehemann und die Ehefrau der Beleihung zustimmen. Beide stimmen zu, weil ansonsten von der Bank ein Insolvenzantrag gestellt werden würde. Durch die Beleihung der Versicherung ist die betrieblich zugesagte Pensionszusage nur noch in Höhe von € 1.000,00 monatlich durch die Rückdeckungssumme abgesichert. Die Gesellschaft kürzt mit Zustimmung des geschäftsführenden Gesellschafters die Pensionszusage auf monatlich € 1.000,00, wodurch sich der Ehezeitanteil der Ehefrau von einem ursprünglichen Ausgleichswert von € 1.000,00 monatlich auf € 500,00 reduziert. Die Ehefrau will ihren ursprünglichen Ausgleichswert erhalten und für den Fall der Insolvenz der Gesellschaft dadurch absichern lassen, dass sie beantragt, ihr in Höhe des ursprünglichen Ausgleichswertes Ansprüche gegen die Rückdeckungsversicherung zu verpfänden. Hiergegen wendet sich sowohl der Ehemann als auch die Gesellschaft. Der Ausgleich findet im Wege der internen Teilung statt. Zunächst ist festzustellen, dass der Rückdeckungsversicherer nicht Beteiligter des Versorgungsausgleichsverfahrens ist ( vgl. Hauß/Bührer Wertausgleich bei der Scheidung Seite 107) Weiterhin ist festzustellen, dass eine Rückdeckungsversicherung in Form einer Lebensversicherung auch nicht .dem Zugewinnausgleich unterfällt ( OLG Düsseldorf FamRZ 2009,1069, Rn. 20). Es stellt sich also die Frage, welche Bedeutung die Rückdeckungsversicherung im Falle der internen Teilung erlangt. Im Falle der externen Teilung eines Versorgungsanrechtes spielt die Rückdeckungsversicherung keine Rolle, weil dann zum Ehezeitende die Versorgung durch Zahlung des Ausgleichswertes in die Versorgungsausgleichskasse oder eine andere gewählte Zielversorgung erfolgt. Bedeutung erlangt die Rückdeckungsversicherung insbesondere bei Versorgungszusagen beherrschender Gesellschafter/Geschäftsführer und deren interner Teilung. Solche Versogungszusagen sind nicht über den Pensionssicherungsverein für den Fall der Insolvenz der Gesellschaft abgesichert ( vgl. BGH vom 09.06.1980 – II ZR 255/78 NJW 1980,2257 ff; Borth Versorgungsausgleich 6. Auflage Rn. 479) Allerdings erhält der Gesellschafter/Geschäftsführer für den Fall der Verpfändung der Rückdeckungsversicherung einen eigenständigen Anspruch gegenüber dem Rückdeckungsversicheruntunternehmen für den Fall, dass die Versorgungszusage des Betriebes gegenüber dem Versorgungsberechtigten nicht erfüllt wird ( vgl. Ahrend/Förster/Rößler, Steuerrecht der betrieblichen Altersversorgung 2, Rn 1423) Da der Versorgungsausgleich eine gleiche Teilhabe verlangt, ist bei der internen Teilung einer verpfändeten rückgedeckten Versorgung der ausgleichsberechtigten Person ein entsprechender Insolvenzschutz zu verschaffen. Ist eine Teilungsordnung vorhanden, die eine solche Vorgabe enthält, bedarf es keiner gesonderten gerichtlichen Anordnung ( vgl. Borth a.a.O. Rn 523 ( Verfahrensrechtlicher Hinweis) Enthält die Teilungsordnung keine entsprechende Regelung oder gibt es gar keine Teilungsordnung ( was bei Versorgungszusagen für beherrschende Gesellschaft/Geschäftsführer häufig der Fall ist), so bedarf es der gesonderten gerichtlichen Anordnung bezüglich der verpfändeten Rückdeckungsversicherung und ( deklaratorisch) der Verpfändung ( vgl. auch OLG Stuttgart vom 25.06.2013 – 18 UF 301/12). Unklar ist dabei, ob die bereits verpfändete Rückdeckungsversicherung geteilt werden kann ( Variante 1 ) oder der Versorgungsträger zu verpflichten ist, auf das Leben der ausgleichsberechtigten Person eine eigene Rückdeckungsversicherung abzuschließen und daran zu deren Gunsten ein Pfandrecht zu bestellen ( Variante 2) Zu berücksichtigen ist dabei, dass bei einer internen Teilung des Anrechts das Pfandrecht automatisch geteilt wird. Dies folgt aus dem Grundsatz der strengen Akzessorietät des Pfandrechts. Dieses Pfandrecht besteht dann zugunsten der ausgleichsberechtigten Person an der bestehenden Rückdeckungsversicherung, die auf das Leben der ausgleichspflichtigen Person abgeschlossen wurde. Soll bei der Variante 2 eine neue eigene Rückdeckungsversicherung zugunsten der ausgleichsberechtigten Person abgeschlossen werden und daran zu ihren Gunsten ein Pfandrecht bestellt werden, ist das Pfandrecht an der bereits bestehenden Rückdeckungsversicherung aufzuheben. Diese Variante ist allerdings problematisch, wenn bereits die Insolvenz des Unternehmens eingetreten ist oder droht. Eigene Anmerkung des Verfassers: Diese 2. Variante dürfte dem Unternehmen auch dann nicht zumutbar sein, wenn hierdurch die Gefahr eines Liquiditätsengpasses entstehen würde, weil bei Abschluss einer neuen Rückdeckungsversicherung dann – wie im Fall der externen Teilung – ein dem Ausgleichswert entsprechender Einmalbetrag in die Versicherung eingezahlt werden müsste. Diese Variante kann also nur dann in Betracht kommen, wenn das Unternehmen als Versorgungsträger zustimmt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ( FamRZ 1995,31) können nur zum Zeitpunkt der Durchführung des Versorgungsausgleiches noch vorhandene Versorgungsanrechte einbezogen werden. Dies gilt auch nach der Änderung des Versorgungsausgleichsrechtes, da Grundvoraussetzung für die Durchführung des Versorgungsausgleiches ist, dass ein Anrecht überhaupt besteht, welches in den Kreis der gemäß des § 2 VersAusglG ausgleichsfähigen Rechte fällt.