(red/dpa). Nach einer Trennung wünschen sich viele Ehepartner eine sofortige räumliche Distanz. Was aber, wenn ein Partner in der gemeinsamen Wohnung bleiben möchte, weil er eine Versöhnung anstrebt?

Der Ehemann hatte seit 2018 eine außereheliche Beziehung. Auf Betreiben seiner Frau trennte sich das Paar Anfang Oktober 2020 innerhalb der gemeinsamen Wohnung, die der Frau gehört. Es kam danach zu mehreren Versöhnungsversuchen, die aus Sicht der Frau aber endgültig scheiterten. Sie forderte ihren Mann daher zum Auszug aus der Wohnung auf. Der Mann wollte jedoch an der Ehe festhalten und daher in der Wohnung bleiben. Vor Gericht forderte die Frau, ihr die Wohnung für die Zeit des ehelichen Getrenntlebens zuzuweisen.

Wohnungszuweisung nach Trennung?
Ohne Erfolg. Eine Zuweisung der Wohnung „zur Vermeidung einer unbilligen Härte“ sei derzeit nicht geboten. Aus den im Gesetz genannten Tatbeständen, die eine unbillige Härte begründen können, ergebe sich, dass eine Wohnungszuweisung besondere Umstände voraussetze. Diese müssten einerseits die Interessen des anderen Ehepartners berücksichtigen und andererseits dessen Anwesenheit in der Wohnung für den Partner zu einer unerträglichen Belastung machen.

Ehewohnung im Trennungsjahr: Anspruch auf alleinige Nutzung?
Dies sei hier nicht der Fall, so das Gericht. Es könne keine Umstände erkennen, die es für die Frau unzumutbar machten, innerhalb der Wohnung getrennt zu leben. Es handele sich vielmehr um Unannehmlichkeiten und geringfügige Störungen, die mit einem Zusammenleben während der Trennungszeit in der Regel verbunden seien.

Die Beteiligten lebten in großzügigen Wohnverhältnissen mit einer Wohnfläche von ca. 200 m2 über drei Stockwerke. Es stehe den Beteiligten frei, durch Vereinbarungen über die Nutzung bestimmter Wohnungsteile die Begegnungen und Gemeinsamkeiten zumindest erheblich zu reduzieren.

Die Frau habe während der Trennungszeit keinen Anspruch auf Privatsphäre in der gesamten Wohnung oder Kenntnis der Anwesenheitszeiten ihres Mannes. Das würde dem Charakter als gemeinsam genutzte Ehewohnung widersprechen.

Es sei unstreitig, dass sich ihr Mann werktags ab 07:30 Uhr bis nach Arbeitsende nicht in der Wohnung aufhalte. Es würde ihn unzumutbar in seinem freien Nutzungsrecht einschränken, wenn er stets seine exakten Ankunfts-, Abfahrts- und Anwesenheitszeiten mitteilen müsste.

Für den Zeitraum nach der Trennung sollten vor Ablauf des Trennungsjahres keine Verhältnisse geschaffen oder gefördert werden, die den verbleibenden Chancen auf eine Versöhnung des Ehepaares mehr als notwendig im Wege stünden.

Oberlandesgericht Bamberg am 01. April 2022 (AZ: 2 UF 11/22)

Quelle: Familienanwälte des Deutschen Anwaltvereins (DAV)