Berücksichtigung von Währungs- und Kaufkraftunterscheiden


Die jeweilige Höhe des Unterhalts richtet sich nach den gerechtfertigten Bedürfnissen des Berechtigten und der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten.

Der Unterhalt hängt grundsätzlich vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen ab. Allerdings müssen Währungsunterschiede und abweichende Lebenserhaltungskosten, des Landes in dem der Unterhaltspflichtige lebt, berücksichtigt werden.

Dabei gilt für diese Angleichung ein zweistufiges Vorgehen:

1. Umrechnung des Einkommens

Im ersten Schritt erfolgt eine Bereinigung des Einkommens des Unterhaltspflichtigen.

Das verbleibende Nettoeinkommen wird dann nach dem jeweils geltenden Wechselkurs umgerechnet.

2. Kaufpreisausgleich

Im zweiten Schritt erfolgt ein Kaufkraftausgleich (auch Kaufkraftparität genannt)

Die Kaufkraftparität gibt an, wie viele ausländische Geldeinheiten erforderlich sind, um die gleiche Menge an vergleichbaren Gütern im Ausland zu erwerben, die man im Inland für eine Einheit der inländischen Währung erhält.

Eine Auskunft über die Kaufpreisparitäten und vergleichbare Preisniveaus gibt die Veröffentlichung des Statistischen Amtes der Europäischen Union (Eurostat) an.

Die Werte des betroffenen Länder sind dabei zueinander ins Verhältnis zu setzten:

Der Wert für den Staat des Unterhaltspflichtigen x 100% : Wert für den Staat des Unterhaltsberechtigten.

Der sich daraus ergebende Prozentsatz zeigt einen Wert an, um den die Kaufkraft im Staat des Pflichtigen von derjenigen im Staat des Berechtigten abweicht.

Liegt der sich daraus ergebende Prozentsatz über 100%, stellt der übersteigende Teil die Grundlage einer Reduzierung des Unterhalts dar, da eine höhere Kaufkraft im Land des Unterhaltsberechtigten gegeben ist.

Liegt der sich daraus erbenden Prozentsatz hingegen unter 100%, führt die geringere Kaufkraft in Höhe der Differenz zu einem höheren Unterhaltsbedarf des Unterhaltsberechtigten.

Basierend darauf erfolgt eine Bedarfskorrektur anhand von Korrekturtabellen zur Ermittlung des Unterhaltsbedarfs (Gutdeutsch/Zieroth). Dabei ist zu beachten, die Korrektur unterschiedlich ausfallen kann, abhängig davon, ob der Unterhaltspflichtige, oder Unterhaltsberechtigte im Ausland lebt.

Bsp. für einen Prozentsatz von über 100 %.(Unterhaltsberechtigter ist im Ausland):

Das Preisniveau in Deutschland betrug im Jahr 2018 106,8 und in Polen 59,5.

Diese Preisniveaus werden ins Verhältnis zueinander gesetzt:

106,8 x 100 : 59,5 = 179,49 %

Der Korrekturtabelle zur Ermittlung des Bedarfs ist eine Korrektur um – 44 % zu entnehmen.

Das Preisniveau in Polen liegt somit um (100 % -44 %) = 56 % unter dem deutschen Preisniveau.

Das bedeutet im Weiteren, dass der Unterhaltspflichtige dem Unterhaltsberechtigten verpflichtet wäre einen Unterhalt von 56 % der jeweiligen Stufe der Düsseldorfer Tabelle zu zahlen.

Bsp. für einen Prozentsatz von unter 100% (Unterhaltsberechtigter ist im Ausland):

Das Verhältnis von den Ländern Deutschland und Frankreich beträgt:

106,8 (Deutschland) und 113,6 (Frankreich)

106,8 x 100 : 113,6 = 94,01 %

Der Korrekturtabelle zur Ermittlung des Bedarfs ist eine Korrektur um + 11 % zu entnehmen.


Es stellt sich häufig die Frage, welches Gericht in einem Unterhaltsverfahren zuständig ist, wenn entweder der Unterhaltsgläubiger oder der Unterhaltsschuldner in einem Drittstaat lebt, also einem Land, das kein Mitgliedstaat der Europäischen Union ist.

Sofern ein deutsches Gericht angerufen wird, überprüft dieses zunächst die eigene internationale Zuständigkeit nach der sogenannten EuUnthVO (Verordnung (EG) Nr. 4/2009 vom 18.12.2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen).

Diese EU- Verordnung verdrängt als unmittelbar geltendes und vorrangiges Gemeinschaftsrecht die nationalen Rechte und begründet für die Mitgliedsstaaten eine einheitliche Zuständigkeitsordnung in Unterhaltssachen (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 2013, 55) dabei ist der räumlich – personelle Anwendungsbereich der Verordnung gerade nicht auf den Bezug zu anderen Mitgliedstaaten beschränkt, sondern gilt universell auch gegenüber Nichtvertragsstaaten.

Nach Art. 3 EuUnthVO sind die Gerichte des Mitgliedstaates unter Anderem dann zuständig, wenn:

1. der Beklagte (Unterhaltsschuldner) seinen gewöhnlichen Aufenthalt am Ort des Gerichts hat, oder

2. die berechtigte Person (Unterhaltsgläubiger) ihren gewöhnlichen Aufenthalt am Ort des Gerichts hat.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte in einer Unterhaltssache über die gerichtliche Zuständigkeit zu befinden, in der die Antragstellerin in Paraguay ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte und gegen einen in Deutschland lebenden Mann Unterhaltsansprüche geltend machte.

Das Gericht stellte im Einklang mit der einhelligen Rechtsprechung und Literatur fest, dass obwohl Paraguay nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union ist, ein Unterhaltsantrag bei einem Gericht in Deutschland gestellt werden kann, nachdem der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14. Juli 2017 -18 WF 3/17).

Zu beachten ist jedoch, dass nach Art. 15 EuUnthVO das anwendbare Recht nach dem Haager Protokoll vom 23 November 2017 über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht bestimmt wird. Nach Art. 3 dieses Protokolls ist für Unterhaltspflichten das Recht des Staates maßgebend, in dem die berechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. In dem Fall des Oberlandesgerichts Karlsruhe, musste das Gericht den Unterhaltsanspruch nach paraguayischen Recht beurteilen.