Die Ver­fahrens­kosten­hilfe für ein Umgangsverfahren kann wegen Mutwilligkeit abgelehnt werden, wenn nicht zuvor die Hilfe des Jugendamts in Anspruch genommen wurde. Dies gilt nicht, wenn die Ver­mittlungs­bemühungen des Jugendamts fehlgeschlagen oder erkennbar aussichtslos sind oder in Eilfällen.


Es ist dem Hilfebedürftigen grundsätzlich zuzumuten, dass er die Vermittlungsbemühungen des Jugendamts zur Erreichung seines Ziels wenigstens versuchsweise wahrnimmt, bevor er gerichtliche Hilfe in Anspruch nimmt.

OLG Hamburg, Beschluss vom 18.08.2022 – Az. 12 WF 87/22

Quelle: Familienanwälte des Deutschen Anwaltvereins (DAV)

Was ist Verfahrenskostenhilfe?

Verfahrenskostenhilfe bedeutet eine vollständige oder teilweise Befreiung von der Zahlung von Gerichtskosten und den Kosten des eigenen Rechtsanwalts. Sie ermöglicht bedürftigen Menschen, die dazu finanziell nicht in der Lage sind, das Gericht anzurufen und einen Rechtstreit zu führen. Es ist eine staatliche Sozialleistung, die als ein zinsloses Darlehen vom Staat gewährt wird.

Wer ist zur Verfahrenskostenhilfe berechtigt?

Verfahrenskostenhilfe kann jede Person erhalten, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage ist, die Verfahrenskosten zu bezahlen oder diese nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. Sie muss bedürftig sein. Die zweite Voraussetzung ist, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig ist und eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Eine Finanzierung aussichtsloser und vermeidbarer Prozesse durch den Staat soll damit verhindert werden.

Bedürftig ist diejenige Person, die kein Vermögen hat und deren einzusetzendes Einkommen (monatliches Bruttoeinkommen nach Abzug von Steuern, Sozialversicherungsbeiträgen, Unterhaltspflichten, Freibeträgen usw.) weniger als 20 EUR beträgt. Denjenigen Personen, deren einzusetzendes Einkommen 20 EUR überschreitet, wird Verfahrenskostenhilfe mit Ratenzahlung bewilligt. Diese Raten sind bis zur Deckung der Verfahrenskosten zu zahlen, jedoch insgesamt nicht mehr als 48 Monatsraten. Darüber hinausgehende Kosten werden erlassen.

Was erfasst Verfahrenskostenhilfe ?

Die Verfahrenskostenhilfe erfasst im Wesentlichen die Kosten des eigenen Rechtsanwalts, die Gerichtskosten und Kosten möglicher Gutachten.

Achtung: Falls der Prozess oder das Verfahren verloren wird, müssen die Kosten der Gegenseite übernommen werden, unabhängig davon, ob Verfahrenskostenhilfe bewilligt wurde oder nicht.  Wird der Prozess nicht oder nur zum Teil erfolgreich beendet, hat die Gegenseite einen Kostenerstattungsanspruch. Die Zahlung dieses Anspruchs ist unter Umständen mit Vollstreckungsmaßnahmen erzwingbar.

Muss Verfahrenskostenhilfe zurückgezahlt werden?

Auch wenn die bewilligte Verfahrenskostenhilfe nie als Geldbetrag ausgezahlt wird, wird damit ein, wenn auch zinsloser, Kredit gewährt. Dieser Kredit muss unter Umständen zurückbezahlt werden!

Eine (Teil-)Rückzahlung dieses Kredites kommt dann nicht in Betracht, wenn innerhalb von 4 Jahren nach Prozessende weiterhin Bedürftigkeit, d.h. unzureichende Einkommensverhältnisse, besteht. Um dies zu überprüfen, fordert das Gericht innerhalb der 4 Jahre in regelmäßigen Zeitabständen zur Auskunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse auf dem amtlichen Formular auf. Wird die Auskunft nicht frist- und formgerecht – unabhängig von der finanziellen Situation – erteilt, muss mit Rückzahlungen gerechnet werden.

Wird Verfahrenskostenhilfe mit Ratenzahlung bewilligt, müssen die entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten grundsätzlich in voller Höhe an das Gericht zurückgezahlt werden. Die Zahlungspflicht endet erst bei vollständigem Ausgleich sämtlicher Vergütungs- und Gerichtskostenansprüche, solange diese innerhalb von 48 Monaten geleistet werden.

Was muss nach Ende des Prozesses beachtet werden?

Bei Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe besteht die Verpflichtung, das Gericht unaufgefordert über jede Verbesserung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu informieren. Das Gericht wird dann die zu leistende Zahlung dem Leistungsvermögen anpassen. Eine wesentliche Verbesserung der Einkommensverhältnisse ist dann gegeben, wenn sich das Bruttoeinkommen um mehr als 100 € monatlich erhöht oder Zahlungsverpflichtungen in gleicher Höhe entfallen.

Wird der Wohnsitz gewechselt, muss das Gericht entsprechend informiert werden. Diese Pflicht besteht dann nicht mehr, wenn alle Anwalts- und Gerichtskosten des Verfahrens abbezahlt worden sind.

Was muss man tun, um Verfahrenskostenhilfe zu erhalten?

Um Verfahrenskostenhilfe zu erhalten, muss beim Prozessgericht ein Antrag gestellt werden. Dem Antrag ist das amtliche Formular „Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse“ mit allen Belegen und Nachweisen beizufügen. Das Formular ist im Internet verfügbar. 

Der Antrag kann auch über einen Rechtsanwalt gestellt werden, der zugleich seine Beiordnung im Prozess beantragt. Nach der Antragstellung wird das Gericht die Voraussetzungen prüfen und anschließend mit Beschluss über den Antrag entscheiden. 

Rechtslage aktuell am 25.07.2019

Bei der Bestimmung des Verfahrenswertes für ein Scheidungsverfahren ist von dem 3-fachen zusamengerechneten Nettoeinkommen der Eheleute auszugehen, wobei für jedes minderjährige Kind monatlich ein Betrag von € 250,00 in Abzug zu bringen ist. Manche Gerichte rechnen dabei das staatliche Kindergeld allerdings dagegen. Weiterhin sind die Vermögensverhältnisse der Eheleute zu berücksichtigen. Von dem zusammengerechneten Vermögen der Eheleute setzt die Rechtsprechung aus Praktikablitätsgesichtspunkten einen Vomhundertsatz des um die Verbindlichkeiten bereinigten Vermögens der Ehegatten nach Abzug von Freibeträgen für die Ehegatten und die gemeinsamen minderjährigen Kinder an, derzeit 5% aus dem bereinigten Vermögen.

Dabei werden Vermögensfreibeträge wie folgt berücksichtigt:

– das Oberlandesgericht Karlsruhe setzt Freibeträge von € 15.000,00 pro Ehegatte und € 7.500,00 je minderjähriges Kind an ( vgl. OLG Karlsruhe 5 WF 66/13)

– das Oberlandesgericht Zweibrücken setzt Freibeträge von € 60.000 pro Ehegatte und € 30.000,00 je minderjähriges Kind an ( vgl. 2 WF 11/16 sowie 2 WF 216/18)