(red/dpa). Der ausländische Elternteil eines Kinds mit deutscher Staatsangehörigkeit hat nach Aufhebung der familiären Lebensgemeinschaft kein eigenständiges befristetes Aufenthaltsrecht.

Der Mann, algerischer Staatsangehöriger, hat einen 2001 geborenen Sohn. Der Junge hat die deutsche Staatsangehörigkeit, seine deutsche Mutter das alleinige Sorgerecht. 2009 heiratete der Mann eine Deutsche und erhielt eine Aufenthaltserlaubnis „zum Zwecke der Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft“. Nach deren Aufhebung verkürzte die zuständige Ausländerbehörde 2010 die Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis. Zugleich erteilte sie dem Mann allerdings eine Aufenthaltserlaubnis, um die Personensorge für seinen Sohn ausüben zu können. Diese wurde zuletzt bis 2017 verlängert, danach erhielt der Mann keine Verlängerung mehr. Er wurde aufgefordert, Deutschland zu verlassen, andernfalls drohe ihm die Abschiebung.

Vor Gericht wollte der Mann die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis als eigenständiges Aufenthaltsrecht erreichen.

Das Bundesverwaltungsgericht kam zu dem Ergebnis, dass die Ausländerbehörde rechtmäßig entschieden habe. Nach Aufhebung der familiären Lebensgemeinschaft stehe dem ausländischen Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen kein eigenständiges befristetes Aufenthaltsrecht zu.

Dem ausländischen Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen ist die Aufenthaltserlaubnis „zur Ausübung der Personensorge“ auch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes zu verlängern, wenn das Kind

  • mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und
  • sich in einer Ausbildung befindet.

(§ 28 Abs. 3 Satz 2 Aufenthaltsgesetz).

Bundesverwaltungsgericht am 11. Oktober 2022 (AZ: BVerwG 1 C 49.21)

Quelle: Familienanwälte des Deutschen Anwaltvereins (DAV)

Kann ein zur Unterhaltszahlung verpflichteter Elternteil den Mindestunterhalt nicht zahlen, hat er eine so genannte gesteigerte Erwerbsobliegenheit. Das heißt, er muss seine Arbeitskraft optimal einsetzen, um sein Einkommen zu erhöhen. Das kann auch bedeuten, dass er einen Nebenjob annehmen muss.

Die Eltern stritten um den Unterhalt für ihren Sohn, der bei der Mutter lebt. Diese hatte für ihn in wechselndem Umfang Unterhaltsvorschuss bezogen und forderte nun vom Vater des Kinds den Mindestunterhalt, auch rückwirkend.

Der Mann behauptete, leistungsunfähig zu sein. Er arbeite zurzeit 30 Wochenstunden zum Mindestlohn. Darüber hinaus habe er eine weitere Unterhaltsverpflichtung für seine 2017 geborene Tochter, mit deren Mutter er in einer Haushaltsgemeinschaft lebe.

Nebenjob um Mindestunterhalt zu zahlen


Der Vater muss zahlen, entschieden das Amtsgericht in erster und das Oberlandesgericht in zweiter Instanz. Er könne sich nicht auf sein tatsächliches Einkommen zurückziehen, da er gegenüber seinem Sohn eine verschärfte Erwerbsobliegenheit habe. Bemühe er sich nicht genug um ein ausreichendes Einkommen, müsse er sich ein (fiktives) erzielbares Einkommen zurechnen lassen.

Für Unterhaltszahlung auch mehr als 40 Wochenarbeitsstunden


„Die … gesteigerte Obliegenheit, seine Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen und einträgliche Erwerbstätigkeiten auszuüben, trifft auch den berufstätigen Unterhaltsschuldner, dessen vorhandenes Einkommen zur Erfüllung der Unterhaltspflichten nicht ausreicht.“ Er sei verpflichtet, sich um besser bezahlte Beschäftigungsmöglichkeiten zu bemühen. Das umfasse auch eine Tätigkeit von mehr als 40 Wochenarbeitsstunden bis zu 48 Stunden – einschließlich Nebentätigkeiten.

Die Richter gingen konkret auf die Möglichkeiten des Vaters ein. Er verfüge über zwei abgeschlossene Ausbildungen, eine als Maler und Lackierer, eine weitere als KFZ- Mechatroniker. Er könnte auf Grundlage der durchschnittlichen Ecklöhne im Maler- und Lackierergewerbe ein bereinigtes Nettoeinkommen erwirtschaften, das ihm trotz seines zweiten Kinds ohne weiteres die Zahlung des Mindestunterhalts ermöglichen würde.

Auch auf Grundlage eines vom Amtsgericht veranschlagten Nettoeinkommens von nur 1.414 Euro ergebe sich nichts anderes. Die gesteigerte Erwerbsobliegenheit umfasse auch Nebentätigkeiten. Auch wenn der Unterhaltsschuldner mit einem weiteren eigenen Kind und seiner Partnerin zusammenlebe, sei ihm trotzdem eine Nebentätigkeit zumutbar.

Brandenburgisches Oberlandesgericht am 4. September 2019 (AZ: 13 UF 77/19)

Quelle: „Familienanwälte des Deutschen Anwaltvereins (DAV)“.

(red/dpa). Auch bei einem paritätischen Wechselmodell erhält jeweils nur ein Elternteil das Kindergeld. Was ist, wenn der andere Elternteil fordert, das Kindergeld zu erhalten?

Die geschiedenen Eltern einer Tochter hatten sich auf das paritätische Wechselmodell geeinigt. Das heißt, das Mädchen lebt gleichberechtigt zur Hälfte bei der Mutter und beim Vater. Beide Elternteile sind berufstätig. Das Kindergeld für die Tochter bezog die Mutter. Der Vater trug die Kosten für den Hort in Höhe von etwa 230 Euro.

Der Vater beantragte, das Kindergeld künftig an ihn auszuzahlen. Er leiste den Hauptteil der Betreuung und biete somit die bessere Gewähr für eine kindgerechte Verwendung des Kindergelds.

Das wollte die Mutter jedoch nicht akzeptieren. Sie, die Eltern, könnten sich bereits seit längerem nicht mehr über den Unterhalt für die gemeinsame Tochter einigen. Sie verfüge über ein geringeres Einkommen als ihr Ex-Mann. Außerdem sei dieser mit der Zahlung der Raten für den Hort in Rückstand geraten, weswegen eine Kündigung des Hortplatzes drohe. Das Kindergeld sei daher an sie auszuzahlen.

Zahlung des Kindergelds: Kindeswohl entscheidet
Das Gericht entschied: Es bleibt, wie es ist. Hätten die Eltern nichts festgelegt, richte sich die Bezugsberechtigung nach dem Kindeswohl. Böten die Eltern, die sich auf ein paritätisches Wechselmodell geeinigt hätten, beide die Gewähr, das Kindergeld zum Wohle des Kinds zu verwenden, gebe es keinen Grund, die Bezugsberechtigung zu ändern.

Kind lebt bei beiden Elternteilen – wer bekommt Kindergeld?
Hier spreche die Kontinuität für die Mutter als Bezugsberechtigte: Sie habe das Kindergeld praktisch seit der Geburt der Tochter bezogen. Der Vater habe in einem Monat den Hortbeitrag erst nach einer Mahnung gezahlt. Es könne jedoch dahingestellt bleiben, ob sich daraus bereits ableiten lasse, der Vater biete keine ausreichende Gewähr für einen kindgerechte Verwendung des Kindergelds. Nach Meinung des Gerichts rechtfertige allein eine einmalige, lediglich verspätete Zahlung diese Annahme eher nicht.

Die weiteren von den Eltern genannten Gesichtspunkte, unter anderem, dass ihre Einkommen sehr unterschiedlich seien oder der Vater den Kinderhort alleine zahle, spielten keine Rolle. Der finanzielle Ausgleich zwischen den Eltern aufgrund eventueller Unterschiede bei den Leistungen für das Kind sei allein Sache des Unterhaltsrechts.

Kammergericht Berlin am 26. August 2019 (AZ: 13 WF 69/19)

Quelle: Familienanwälte des Deutschen Anwaltvereins (DAV)

(red/dpa). Auch bei nicht verheirateten Eltern stellt sich nach einer Trennung häufig die Frage nach den Unterhaltsansprüchen. Erhält ein Partner Betreuungsunterhalt für das gemeinsame Kind, bleibt dieser Anspruch auch dann erhalten, wenn er eine neue Partnerschaft eingeht.

Die Eltern des Kinds hatten sich noch während der Schwangerschaft der Frau getrennt. Als ihr Kind ein Jahr und zwei Monate alt war, begann die Frau in Teilzeit mit 50 Prozent zu arbeiten, ein Jahr später arbeitete sie dann wieder Vollzeit. Inzwischen lebte sie mit einem neuen Partner zusammen.

Der leibliche Vater zahlte Betreuungsunterhalt, den er jedoch mit Blick auf die Berufstätigkeit seiner früheren Partnerin auf zuletzt 215 Euro monatlich reduzierte. Vor Gericht verlangte die Mutter von ihrem Ex-Partner weitere Unterhaltszahlungen für die ersten drei Lebensjahre des Kinds.

Kein Unterhalt bei neuer Partnerschaft?
Der Mann widersprach und führte unter anderem die neue Partnerschaft der Mutter ins Feld. Wie eine geschiedene Ehefrau, die ein gemeinsames Kind betreut, habe sie wegen dieser verfestigten neuen Partnerschaft keinen Unterhaltsanspruch mehr.

Das Gericht gab jedoch der Mutter Recht und widersprach der Argumentation des Vaters. Mit dem Unterhaltsanspruch einer nichtehelichen Mutter verhalte es sich anders als bei dem einer ehelichen Mutter. Für Nachteile im Arbeitsleben, die die nichteheliche Mutter durch Unterbrechung ihrer Berufstätigkeit und die Betreuung des Kinds erleide, erhalte sie keinen Ausgleich. Auch habe sie keinen Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt. Zwar sollten nichtehelichen und ehelichen Mütter gleichbehandelt werden, was den Betreuungsunterhalt angeht. Das habe aber aufgrund des strukturell schwächeren Unterhaltsanspruchs der nichtehelichen Mutter seine Grenzen.

Unterschied zwischen ehelicher und nichtehelicher Mutter
Im Falle einer ehelichen Mutter sei in der Tat der Anspruch auf Unterhalt verwirkt, wenn die Frau eine neue feste Partnerschaft eingehe. Dies sei eine Abkehr von der ehelichen Solidarität. Eine solche Abkehr könne es aber bei nicht verheirateten Paaren von vornherein nicht geben.

Darüber hinaus wiesen die Richter auch darauf hin, dass eine Mutter in den ersten drei Lebensjahren des Kindes nicht dazu verpflichtet sei, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Daher sei das Gehalt der Klägerin für diese Zeit auch nur sehr bedingt anzurechnen.

Oberlandesgericht Frankfurt am 3. Mai 2019 (AZ: 2 UF 273/17)

Quelle: Familienanwälte des Deutschen Anwaltvereins (DAV)

Der Bedarf bestimmt sich beim nachehelichen Unterhalt gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Diese ergeben sich aus dem Familieneinkommen. In den meisten Fällen wird dies darauf hinauslaufen, dass der Unterhalt nach einer Quote aus dem bereinigten Gesamteinkommen zu bemessen sein wird. Bei dieser Art der Vorgehensweise geht die Rechtsprechung davon aus, dass das verfügbare Einkommen im Wesentlichen zu Konsumzwecken verbraucht wird. Soweit das Einkommen zur Altersvorsorge verwendet wird, sehen z.B. die Süddeutschen Leitlinien (Stand 1.1.2019) in Ziff. 10.1 vor, dass eine solche Altersvorsorge bis zur Höhe von insgesamt 23% des Jahresbruttoeinkommens vorab in Abzug gebracht werden kann, allerdings nur dann, wenn die Altersvorsorge auch in dieser Höhe nachweislich betrieben wird. Der Arbeitsanreiz wird zusätzlich mit 10 % Verdienerbonus (im Geltungsbereich der Süddeutschen Leitlinien) oder mit 1/7 Verdienerbonus (z.B. im Geltungsbereich des OLG Frankfurt oder des OLG Düsseldorf) berücksichtigt. Der Rest des Einkommens wird im Wege der Halbteilung auf beide Eheleute verteilt.

Problematisch wird diese Art der Berechnung, wenn die Eheleute über ein ausgesprochen hohes Einkommen verfügen, weil dann davon ausgegangen werden kann, dass regelmäßig nicht das gesamte Einkommen für den Lebensbedarf ausgegeben wurde, sondern auch noch zusätzlich Vermögensbildung betrieben wurde. Da aber der Unterhaltsanspruch des einen Ehegatten gegen den anderen Ehegatten nur zur Deckung des Lebensbedarfs und nicht zur Vermögensbildung gedacht ist, muss der oder die Unterhaltsberechtigte bei sehr hohen Einkommensverhältnissen seinen/ihren Bedarf mittels einer konkreten Unterhaltsberechnung darlegen und nachweisen (vgl. BGH Urteil vom 30.11.2011 – Az.: XII ZR 34/09 FamRZ 2012,947 und Urteil vom 10.11.2010 – Az.: XII ZR 197/08 FamRZ 2011,192), was im Einzelfall durchaus problematisch werden kann, weil die wenigsten Eheleute anhand von Belegen aus der Zeit des ehelichen Zusammenlebens noch nachweisen können, welchen konkreten Bedarf sie über die vergangenen Monate oder gar Jahre hatten.

Ab welcher Einkommenshöhe eine tatsächliche Vermutung für den vollständigen Verbrauch des Einkommens entfällt, bleibt der tatrichterlichen Würdigung im Einzelfall vorbehalten (vgl.BGH Beschluss vom 15.11.2017 Az.:XII ZB 503/16, NJW 2018,468)

Teils wurde bis zu einem Unterhaltsbedarf von 5.000,00 € bzw. dem doppelten Einkommen nach dem höchsten Satz der Düsseldorfer Tabelle, derzeit also € 5.500,00 (Stand 01.01.2019) eine Bemessung nach dem Quotenbedarf zugelassen (vgl. OLG Zweibrücken FamRZ 2014,216, OLG Köln FamRZ 2012,1731; FA-FamR/Maier, 11. Auflage, Kapitel 6 Rn. 720; Wendl/Siebert 9. Auflage § 4 Rn. 766), teils wurde auch auf den sich aus der höchsten Einkommensgruppe nach der Düsseldorfer Tabelle ergebenden Quotenbedarf abgestellt, was der Senat des BGH im Rahmen des tatrichterlichen Ermessens noch gebilligt hatte (vgl.: BGH Urteil vom 11.08.2010 Az.: XII ZR 102/09 FamRZ 2010,1637; Borth, Praxis des Unterhaltsrechts 3. Auflage Rn. 263)

Auch bei unbegrenzter Leistungsfähigkeit erachtet der BGH das Einkommen des Ehemannes für die Bedarfsbemessung als bedeutsam. Auch wenn nämlich das Familieneinkommen über 2 x 5.500,00 € )= 11.000,00€ hinausgehen sollte, wäre diesem die mögliche Relevanz für die Bedarfsbemessung dadurch noch nicht genommen. Denn auch dann kann das Einkommen weiterhin ein wichtiger Anhaltspunkt für das Konsumverhalten der Ehegatten während des Zusammenlebens sein und damit die Darlegung des Unterhaltsbedarfs in zulässiger Weise erleichtern. die Erklärung des Ehemannes, er sei unbegrenzt leistungsfähig, macht seine Einkommensauskunft somit nicht entbehrlich. Denn die Erklärung macht nur Festzstellungen zur Leistungfähigkeit entbehrlich, nicht aber zum Bedarf, für dessen Darlegung das Einkommen weiterhin einen geeigneten Ansatzpunkt bildet (vgl.: BGH Beschluss 15.11.2017 Az: XII ZB 503/16, NJW 2018,468)

WICHTIG: Da es sich bei einer Quotenunterhaltsberechnung um die Vermutung handelt, dass das Einkommen bis zu einer bestimmten Höhe verbraucht wurde und die Oberlandesgerichte diese Vermutung bei einer quotalen Berechnung innerhalb der von dem jeweiligen Oberlandesgericht gesetzten Grenzen nicht hinterfragen, sollte sich der unterhaltsberechtigte Ehegatte sehr gut überlegen, ob er über die von seinem Oberlandesgericht gesteckte Grenze von zumeist 1/2 vom doppelten Höchstbetrag der Düsseldorfer Tabelle hinaus konkreten Unterhalt verlangen will. Dies könnte dann nämlich dazu führen, dass im Rahmen des familiengerichtlichen Prüfungsverfahrens nur ein geringerer konreter Bedarf errechnet wird mit der Folge, dass dann die Vermutung der höchstzulässigen Quote nicht mehr greifen würde, weil die Vermutung des Verbrauchs des gesamten Einkommens in dieser Höhe dann wegfällt.

Wenn Verheiratete sich trennen, hat dies Rechtsfolgen. So kann ein Ehepartner Anspruch auf Trennungsunterhalt haben. Es können sich aber weitere Pflichten ergeben, etwa aus einer gemeinsamen Wohnung oder dem gemeinsamen Haushalt.

Eine unabhängige anwalt­liche Beratung ist dabei unerlässlich. Dies hat auch eine Frau erfahren, der dank der Hilfe eines Rechtsan­walts in zweiter Instanz Trennungsun­terhalt zuges­prochen wurde. Das Besondere in ihrem Fall: Sie hatte mit ihrem Mann nie zusam­men­gelebt und auch nicht gemeinsam gewirtschaftet.

Anspruch auf Trennungsunterhalt
Die beiden heirateten im August 2017. Es war eine arrangierte Ehe, die Eltern der Ehepartner haben einen indischen kulturellen Hintergrund. Zum Zeitpunkt der Heirat lebte die Frau im Haushalt ihrer Eltern in Deutschland und arbeitete bei einer Bank. Der Mann arbeitete in Paris als Wertpapierhändler. Nach der Heirat verbrachten die beiden regelmäßig die Wochenenden zusammen, allerdings ohne sexuelle Kontakte.

Es war geplant, dass sich die Frau zu dem Mann nach Paris versetzen lassen würde, um dort gemeinsam mit ihm zu leben. Es gab kein gemein­sames Konto, und ihre Einkünfte verbrauchten beide jeweils für sich selbst.

Nach einer Aussprache im August 2018 trennte sich das Paar. Die Frau forderte von dem Mann Trennungsun­terhalt, schließlich habe er mehr verdient habe als sie. Sie hätten „ein ganz normales Eheleben“ geführt. Das Amtsge­richt lehnte den Anspruch noch ab. Das Oberlan­des­ge­richt in Frankfurt am Main sprach der Frau Trennungsun­terhalt zu.

Trennung und Scheidung: Ansprüche bestehen
Nach Auffassung der Richter setzt der Anspruch nicht voraus, dass die Ehepartner vor der Trennung zusammengezogen sind oder zusammengelebt haben. Auch eine „Verflechtung der wechselseitigen Lebenspositionen“ sei nicht erforderlich.

Es gibt keine nur formell bestehende Ehe mit gegenüber den gesetzlichen Rechten modifizierten oder vermin­derten Rechten. Durch ihr Verhalten können die Ehepartner auch die gesetzlichen Ansprüche nicht beschränken.

Verwirkung wegen einer kurzen Ehedauer lag nicht vor. Ebenso wenig konnten die Richter feststellen, dass keine eheliche Lebens­ge­meinschaft vereinbart war. Schließlich hätten beide geplant, gemeinsam in Paris zu leben.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main am 12. Juli 2019 (AZ: 4 UF 123/19)

Quelle: „Familienanwälte des Deutschen Anwalt­vereins (DAV)“.

Bei der Berechnung des Kinde­sun­ter­halts wird oft darüber gestritten, ob auch fiktives Einkommen zu berücksich­tigen ist. Dazu kann auch ein fiktiver Steuer­vorteil durch einen möglichen Steuerklas­sen­wechsel gehören.

So entschied das Oberlan­des­ge­richt Nürnberg, dass sich ein Vater den Split­tingvorteil eines möglichen Steuerklas­sen­wechsels von 4/4 auf 3/5 bei der Berechnung des Kindes Unter­halts anrechnen lassen muss.

Splittingvorteil bei Wechsel der Steuerklasse

Das 2012 geborene Kind lebt bei der Mutter. Der Vater arbeitet in Vollzeit als Möbelmonteur und Umzugs­helfer. Er verdient monatlich 1.750 Euro brutto. Das Einkommen versteuert er nach der Steuerklasse vier. Seine neue Ehefrau, mit der er ebenfalls ein Kind hat, war teilweise berufstätig und bezieht nun aufgrund einer Ausbildung BAföG. Das wird nicht versteuert.

Das Familien­ge­richt verpflichtete den Mann zu einem Kinde­sun­terhalt von 225 Euro monatlich. Er wollte die Herab­setzung des Unter­halts auf den Mindestun­terhalt von 85 Euro erreichen.

Gericht: Steuervorteile bei Kindesunterhalt berücksichtigen

Sein Antrag hatte nur in geringem Umfang Erfolg. Das Gericht entschied, dass der nicht ausgeschöpfte Steuer­vorteil bei der Unter­halt­s­be­rechnung zu berücksich­tigen sei. Es errechnete einen Steuer­vorteil beim Wechsel der Steuerklassen von 4/4 auf dann 3/5, dem so genannten Ehegat­tensplitting. Bei der Berechnung müsse aller­dings der Nachteil für die Ehefrau aufgrund der Wahl der für sie ungünstigeren Steuerklasse berücksichtigt werden. Hierbei sei zu berücksich­tigen, dass ihre aktuellen BAföG-Leistungen steuerfrei seien. Steuerp­flichtig seien lediglich das zuvor erhaltene Elter­ngeld und ihr Arbeitseinkommen.

Der Vater hatte auch geltend gemacht, dass die Pfändungen wegen rückständigen Kinde­sun­ter­halts bei seinem Einkommen zu berücksich­tigen seien. Das lehnte das Gericht entschieden ab. Die unter­bliebene Zahlung von Kinde­sun­terhalt dürfe sich nicht zu Gunsten des Vaters auswirken.

Das Gericht senkte den Selbst­behalt um zehn Prozent von bisher 1.000 auf nunmehr 900 Euro. Der Grund hierfür lag im Syner­gi­eeffekt des Zusam­men­lebens mit seiner Frau. Durch die gemeinsame Haushaltsführung spare das Paar Kosten. Das Gericht ging von einem Betrag von 200 Euro monatlich aus, von dem dem Antrag­steller die Hälfte, also 100 Euro, zugute komme.

Oberlandesgericht Nürnberg am 11. Dezember 2014 (AZ: 10 UF 1182/14)

Quelle: „Familienanwälte des Deutschen Anwalt­vereins (DAV)“.

Ein mietfreies Wohnen in einer Immobilie, die im gemeinsamen Eigentum der Eheleute oder im Alleineigentum eines Ehegatten steht, ist als Gebrauchsvorteil nach Abzug der allgemeinen Grundstückskosten sowie nach Abzug der Zins- und Tilgungsleistungen beim Bedarf der Eheleute – also bei den ehelichen Lebensverhältnissen – zu berücksichtigen (vgl.BGH FamRZ 2007, 879 und 2008,963) Als zusätzliches Einkommen gilt daher der Betrag, um den der Immobilieneigentümer billiger wohnt als der Mieter (vgl. BGH FamRZ 2007, 879 und 2010,1633). Dies gilt auch bei Nießbrauch (BGH FamRZ 2010, 1633) oder einem Wohnrecht (BGH FamRZ 2014,460)

Beim nachehelichen Unterhalt ist als Wohnwert regelmäßig die objektive Marktmiete anzusetzen (BGH FamRZ 1998, 87; 2000, 950; 2008, 963; 2009, 23) Ausnahmen können bei Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit der vollen Nutzung der Wohnfläche gemäß § 242 BGB geltend gemacht werden, ob allerdings mit Erfolg, ist im Regelfall zu bezweifeln, da eine aufgedrängte Bereicherung zumindest nach Rechtskraft der Ehescheidung wohl kaum gegeben sein dürfte.

Während des 1. Trennungsjahres und gegebenenfalls auch noch später ist der Wohnwert zunächst für die Bedarfsermittlung nur mit einem angemessenen Wert unter Berücksichtigung des durch den Auszug des Ehepartners entstehenden “toten Kapitals” anzusetzen ( BGH FamRZ 1998,899;2003,1179;2007,879;2009,1300)

Ist eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft allerdings nach realistischer Einschätzung nicht mehr zu erwarten, ist gemäß der Auffassung des BGH in Änderung seiner früheren Rechtsprechung (BGH FamRZ 2000,351 auch bei einer Trennungszeit von mehr als 3 Jahren) durch Urteil vom 05.03.2008 auch in der Trennungszeit die Marktmiete anzusetzen (BGH FamRZ 2008,963; 2009,23) Hierfür bedarf es allerdings konkreter Anhaltspunkte. Das reine Abstellen auf den Ablauf des Trennungsjahres lehnt der BGH ausdrücklich ab (BGH FamRZ 2013,191)

Von einem endgültigen Scheitern der Ehe ist spätestens ab Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens (BGH FamRZ 2008,963) auszugehen. Wurde nach der Trennung zwischen den Eheleuten vorher ein Ehevertrag mit Gütertrennung oder eine sonstige umfassende Scheidungsfolgenvereinbarung abgeschlossen, dokumentiert dies bereits das endgültige Scheitern der Ehe, ebenso wenn die gemeinsame Immobilie an Dritte oder an einen Ehegatten verkauft wurde (BGH FamRZ 2008,963)

Der angemessene Wohnwert richtet sich nach dem Mietzins einer nach dem Auszug des Partners entsprechend den ehelichen Lebensverhältnissen angemessenen kleineren Wohnung (BGH FamRZ 1998,899;  2007,879)

Den Ansatz fester Werte als pauschalierten Wohnbedarf (beispielsweise alleinstehender Personen, so beispielsweise in den Leitlinien des OLG Frankfurt bis 2013) lehnt der BGH ausdrücklich ab, diese können allenfalls als Mindestwerte herangezogen werden (BGH FamRZ 2013,191)

Der Wert wird regelmäßig unter Reduzierung der Marktmiete zu schätzen sein, das Familiengericht oder des OLG-Senat sind zur Schätzung berechtigt, soweit die wertbildenden Faktoren bei der Schätzung berücksichtigt werden (BGH FamRZ 2008,968)

Kriterien sind die Miete des Ausziehenden, eine um 1/3 gekürzte Marktmiete der bislang bewohnten Wohnung und die Einkommensverhältnisse der Parteien (BGH FamRZ 1998,899; Arbeitskreis 3 des FRamiliengerichtstages 1999; Wendl/Gerhardt § 1 Rn 486)

Für die Berechnung des Kindesunterhaltes ergeben sich auf Seite des Pflichtigen keine Besonderheiten. Beim Kind liegt zwar ein Wohnvorteil in Höhe von 20% des Tabellenbetrages vor, jedoch wird der Kindesunterhalt nicht gekürzt, sondern es erhöht sich nur der zu berücksichtigende Wohnwert beim betreuenden Elternteil (BGH FamRZ 2013,191; 1992,423)

Während beim Ehegattenunterhalt der Wohnwert also bis zum endgültigen Scheitern der Ehe nicht mit dem objektiven, sondern lediglich mit dem angemessenen (subjektiven) Wert das Einkommen erhöht, ist im Rahmen des Kindesunterhaltes in jedem Zeitraum der objektive Wohnwert einzustellen, falls andernfalls nicht wenigstens der Mindestunterhalt gezahlt werden kann (BGH FamRZ 2014,923)  Ob dies auch dann gilt, wenn zwar der Mindestunterhalt bezahlt wird, es aber um die Einstufung in eine höhere Gruppe der Düsseldorfer Tabelle geht, lässt der BGH offen.

Verbrauchsunabhängige Nebenkosten (Grundsteuer, Gebäudeversicherung, Haushaftpflicht) stellen keine Abzugsposten dar, da sie auf den Mieter umlegbar sind und den Hauseigentümer nicht als solchen belasten ( BGH FamRZ 2009,1300)

Instandhaltungskosten sind abzugsfähig, sofern es sich um notwendigen Erhaltungsaufwand handelt, nicht aber bei wertsteigernden Ausbauten oder Modernisierungen (BGH 2000,351)

Bei Eigentumswohnungen ist wegen der allgemeinen Verpflichtung aus § 21 Abs. 5 WEG die geschuldete Instandhaltungsrücklage abzugsfähig (BGH FamRZ 2009,1300 für den Ehegattenunterhalt; 2014, 538 für den Elternunterhalt), bei Einzelobjekten dagegen nur konkret angefallene Kosten oder Rücklagen für konkrete unaufschiebbare Maßnahmen (BGH FamRZ 2000,351,354)

Im Rahmen des Elternunterhaltes gestattet der BGH (Beschluss vom 18.01.2017 XII ZB 118/16 = FamRZ 2017,519) den Abzug von Zins- und Tilgungsleistungen auf einen Kredit für die selbstgenutzte Immobilie bis zur Höhe des subjektiven Wohnwertes. Überschießende Tilgungsleistungen unterfallen der zusätzlichen Altersvorsorge ( 5% vom Brutto beim Elternunterhalt). Der BGH führt dazu aus, dass es an einer Vermögensbildung “zu Lasten” des Unterhaltsberechtigten fehlt, wenn und soweit den Tilgungsanteilen noch ein einkommenserhöhender Wohnvorteil auf Seiten des Unterhaltspflichtigen gegenübersteht. Denn ohne die Zins- und Tilgungsleistungen gäbe es den Wohnvorteil in Form einer ersparten Miete nicht. Daraus folge laut BGH, dass die über den Zinsanteil hinausgehenden Tilgungsleistungen bis zur Höhe des ersparten Wohnwertes anzurechnen seien, ohne dass dies die Befugnis des Pflichtigen zur Bildung eines zusätzlichen Altersvorsorgevermögens schmälert (so auch Hauß in Anm. zu BGH FamRZ 2017,519)

Die Begründung weist darauf hin, dass der BGH die dargestellten Grundsätze auf die anderen Unterhaltsbeziehungen (Kindesunterhalt, Ehegattenunterhalt) übertragen wird, vielleicht allenfalls mit Modifizierungen im Bereich des Mangelfalls (insbesondere beim Kindesunterhalt).

Hier lassen sich beispielsweise Lösungen laut Joachim Maier, Richter am OLG Stuttgart dahingehend vorstellen, dass vom Wohnvorteil neben den Zinszahlungen noch Tilgungsleistungen in Höhe der Mindesttilgung ( idR 1% der Darlehensumme) in Abzug gebracht werden, zumal eine zusätzliche Altersvorsorge dem Pflichtigen im Mangelfall insoweit nicht zugestanden wird (BGH FamRZ 2013,616, so OLG -Richter Joachim Maier in seinem Vortrag zum Wohnvorteil beim Unterhalt am 18.10.2019 im SIS, Schwetzingen)

Zur Frage der Anwendung der Rechtsprechung des BGH auf andere Unterhaltsbeziehungen gibt es bisher nur wenige veröffentlichte Entscheidungen.

Im Rahmen des Kindesunterhaltes hat sich beim Volljährigenunterhalt der 16. Senat des OLG Stuttgart für eine entsprechende Anwendung ausgesprochen und auch die Tilgungsleistungen bis zur Höhe des Wohnwertes angerechnet (vgl. OLG Stuttgart Beschluss vom 03.08.2017 – 16 UF 118/17 – Rz 21, FamRZ 2018,27)

Zuletzt hat dies in gleicher Weise ebenfalls beim Volljährigenunterhalt der Außensenat in Kassel des OLG Frankfurt unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Entscheidunng des BGH vom 18.01.2017 XII ZB 118/16 – angenommen (OLG Frankfurt Beschluss vom 04.04.2018 – 2 UF 135/17 – Rz. 44, FamRZ 2018,1314, die zugelassene Rechtsbeschwerde wurde nicht eingelegt); tendenziell für den Trennungsunterhalt ebenso OLG Brandenburg Beschluss vom 25.09.2017 – 10 WF 109/17 FamRZ 2018,1098)

Gegen eine Berücksichtigung von Tilgungsleistungen im Ehegattenunterhaltsverhältnis spricht sich das OLG Koblenz aus, ohne allerdings auf die BGH – Entscheidung zum Elternunterhalt einzugehen (OLG Koblenz Beschluss vom 17.07.2017 – 13 WF 561,17 -Rz.22 FamRZ 2018, 259)

Allerdings führt der BGH selbst in einer Entscheidung vom 04.07.2108 zum nachehelichen Unterhalt (BGH Beschluss vom 04.07.2018  – XII ZB 448/17 – Rz. 31 FamRZ 2018, 1506,1509 ) aus:

“die Zurückverweisung gibt dem Oberlandesgericht zugleich Gelegenheit, auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats (Senatsbeschluss BGHZ 213,288 )= FamRZ 2017, 519) im Zusammenhang mit dem angerechneten Wohnvorteil die Berücksichtigung auch der Tilgungsleistungen des Antragsgegners in Betracht zu ziehen.”

Trotzdem hat das OLG Frankfurt in seiner neuesten Entscheidung (OLG Frankfurt, FamRZ 2019, 1322 beim Ehegattenunterhalt den Abzug von Tilgungsleistungen nicht zugelassen.

Es bleibt spannend, wie sich die OLG-Rechtsprechung zu dieser Thematik abschließend entscheiden wird.